"Wer nicht nüchtern ist, ist betrunken; was nicht heiß ist, ist kalt; und wer nicht für uns ist, ist gegen uns. Was sagen Sie? Es gibt auch warm und lauwarm? Ach, gehen Sie doch weg! Sie sind wohl einer von denen!"
Zwischen Wörtern bestehen Sinnrelationen. Die bekannteste ist die Synonymie: zwei Wörter sind synonym, wenn sie in allen Kontexten austauschbar sind, beispielsweise Metzger und Fleischer. Dagegen sind zwei Wörter Antonyme, wenn sie eine genau gegenteilige Bedeutung haben. Gegensatzpaare kommen besonders häufig bei Adjektiven vor: groß - klein, schwarz - weiß, hell - dunkel, hoch - tief, breit - schmal, gerade - ungerade, ...
Um als Antonympaar in Frage zu kommen, müssen zwei Adjektive inkompatibel sein, d.h. sie müssen sich gegenseitig ausschließen. Zum Beispiel kann etwas nicht gleichzeitig breit und schmal sein. Dagegen sind groß und schmal kein Antonympaar, da es durchaus Gegenstände geben kann, die zugleich groß und schmal sind.
Einige wenige Antonyme sind darüberhinaus komplementär. In diesem Fall folgt aus der Verneinung des einen logisch das andere: wer nicht nüchtern ist, der ist betrunken. Eine Zahl, die nicht gerade ist, ist ungerade. Was nicht möglich ist, ist unmöglich.
Es existieren also nur die beiden Extrempunkte einer Skala und nichts dazwischen. Bei den meisten Antonymen gibt es aber viele Punkte zwischen den Enden der Skala: heiß - warm - lauwarm - kühl - kalt. Deswegen ist nicht klar, was aus nicht heiß folgen soll. Aus nicht schwarz folgt nicht weiß, denn es gibt ja noch tausend andere Farben.
Grewendorf, Hamm u. Sternefeld (1987) schreiben, echte Beispiele für Komplementarität seien recht selten. Sie nennen lediglich folgende Paare:
ledig - verheiratetDas erste Paar ist aber meiner Meinung nach nicht komplementär, weil es auch noch verwitwet gibt. Und im Zeitalter des Gender Mainstreamings ist das zweite Paar wohl ebenfalls nicht länger haltbar.
männlich - weiblich
betrunken - nüchtern
Damit haben wir lediglich drei komplementäre Paare. Meist gibt es nicht nur die
beiden Extreme, sondern alle möglichen Abstufungen und Schattierungen dazwischen. Das sollte man sich merken.
Günther Grewendorf, Fritz Hamm und Wolfgang Sternefeld. Sprachliches Wissen: eine Einführung in moderne Theorien der grammatischen Beschreibung. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1987.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen