13. November 2015

Diskutieren mit Trollen (2)

Heute möchte ich lediglich Schopenhauers letzten Kunstgriff
Wenn man merkt, daß der Gegner überlegen ist und man Unrecht behalten wird, so werde man persönlich, beleidigend, grob. Das Persönlichwerden besteht darin, daß man von dem Gegenstand des Streites [...] abgeht auf den Streitenden und seine Person irgend wie angreift:
durch folgendes schöne Video illustrieren:


12. November 2015

Diskutieren mit Trollen

Es wird über etwas diskutiert, das die eine Seite als Missstand empfindet. Von der anderen Seite kommt das Argument, der Missstand sei im Vergleich zu anderen Übeln doch ganz unbedeutend. Wenn es zum Beispiel um die Armut in Deutschland geht, wird behauptet:
In Deutschland gibt es doch gar keine echte Armut! Schauen Sie doch mal nach Afrika!
Das ist natürlich überhaupt kein Argument zur Sache, sondern ein bloßes Ablenkungsmanöver. Ein Arzt sagt ja auch nicht:
Was, Sie kommen zu mir wegen einer Lugenentzündung? Andere haben Lungenkrebs!
Was würden Sie Ihrem Kind entgegnen, wenn es auf die Aufforderung, sein Zimmer aufzuräumen, entgegnet:
Aber das Zimmer von Paul ist doch viel unordentlicher!
Sie würden wohl sagen, dass eine hätte mit dem anderen nichts zu tun. Die Ablenkungstechnik führt schon Arthur Schopenhauer in Die Kunst, Recht zu behalten als Kunstgriff 29 auf:
Merkt man, dass man geschlagen wird, macht man eine Diversion: d.h. fängt mit einem Male von etwas ganz anderm an, als gehörte es zur Sache und wäre ein Argument gegen den Gegner.
Arthur Schopenhauer: Die Kunst, Recht zu behalten. In achtunddreißig Kunstgriffen dargestellt. Insel Verlag Frankfurt am Main und Leipzig 1995.

10. November 2015

Wer nicht für uns ist, ist gegen uns

"Wer nicht nüchtern ist, ist betrunken; was nicht heiß ist, ist kalt; und wer nicht für uns ist, ist gegen uns. Was sagen Sie? Es gibt auch warm und lauwarm? Ach, gehen Sie doch weg! Sie sind wohl einer von denen!"

Zwischen Wörtern bestehen Sinnrelationen. Die bekannteste ist die Synonymie: zwei Wörter sind synonym, wenn sie in allen Kontexten austauschbar sind, beispielsweise Metzger und Fleischer. Dagegen sind zwei Wörter Antonyme, wenn sie eine genau gegenteilige Bedeutung haben. Gegensatzpaare kommen besonders häufig bei Adjektiven vor: groß - klein, schwarz - weiß, hell - dunkel, hoch - tief, breit - schmal, gerade - ungerade, ...
Um als Antonympaar in Frage zu kommen, müssen zwei Adjektive inkompatibel sein, d.h. sie müssen sich gegenseitig ausschließen. Zum Beispiel kann etwas nicht gleichzeitig breit und schmal sein. Dagegen sind groß und schmal kein Antonympaar, da es durchaus Gegenstände geben kann, die zugleich groß und schmal sind.
Einige wenige Antonyme sind darüberhinaus komplementär. In diesem Fall folgt aus der Verneinung des einen logisch das andere: wer nicht nüchtern ist, der ist betrunken. Eine Zahl, die nicht gerade ist, ist ungerade. Was nicht möglich ist, ist unmöglich.
Es existieren also nur die beiden Extrempunkte einer Skala und nichts dazwischen. Bei den meisten Antonymen gibt es aber viele Punkte zwischen den Enden der Skala: heiß - warm - lauwarm - kühl - kalt. Deswegen ist nicht klar, was aus nicht heiß folgen soll. Aus nicht schwarz folgt nicht weiß, denn es gibt ja noch tausend andere Farben.
Grewendorf, Hamm u. Sternefeld (1987) schreiben, echte Beispiele für Komplementarität seien recht selten. Sie nennen lediglich folgende Paare:
ledig - verheiratet
männlich - weiblich
betrunken - nüchtern
Das erste Paar ist aber meiner Meinung nach nicht komplementär, weil es auch noch verwitwet gibt. Und im Zeitalter des Gender Mainstreamings ist das zweite Paar wohl ebenfalls nicht länger haltbar.
Damit haben wir lediglich drei komplementäre Paare. Meist gibt es nicht nur die
beiden Extreme, sondern alle möglichen Abstufungen und Schattierungen dazwischen. Das sollte man sich merken.

Günther Grewendorf, Fritz Hamm und Wolfgang Sternefeld. Sprachliches Wissen: eine Einführung in moderne Theorien der grammatischen Beschreibung. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1987.

4. November 2015

Deutschen Akzent im Englischen vermeiden

Lied wird am Ende mit t ausgesprochen [liːt], genau wie Hut [huːt] (in eckigen Klammern ist die Aussprache in Lautschrift angegeben). Warum wird Lied aber dann mit d geschrieben und nicht mit t? Weil der Plural Lieder nicht mit t gesprochen wird, aber Hüte schon. Damit dasselbe Wort nicht in den verschiedenen Kasus unterschiedlich geschrieben wird, schreibt man Lied mit d. Das ist in der Rechtschreibung als morphologisches Prinzip bekannt.

Im Deutschen werden alle "weichen" Konsonanten am Wortende "hart" ausgesprochen. D wird zu t, g zu k, w [v] zu f, b zu p:
Bad [baːt] - Bäder [ˈbɛːdɐ]
Schub [ʃuːp] - Schübe [ˈʃyːbə]
Steg [ʃteːk] - Stege [ʃteːɡə]
kreativ [kreaˈtiːf] - kreative [kreaˈtiːvə] 
Das ist die sogenannte Auslautverhärtung. Einem muttersprachlichen Sprecher ist sie selten bewusst. Deswegen wendet er sie unbewusst auch an, wenn er Englisch redet. Im Englischen gibt es aber keine Auslautverhärtung:
bad [bæd] und nicht [bæt]
love [lʌv] und nicht [lʌf]
gag [ɡæɡ] und nicht [ɡæk]
Ein Engländer spricht mop und mob unterschiedlich aus:
mop [mɒp]
mob [mɒb]
Auf Deutsch wird wegen der Auslautverhärtung beides gleich ausgesprochen:
Mopp [mɔp]
Mob [mɔp]
Der Deutsche verrät sich also nicht nur durch das falsche double u oder th, sondern auch durch die Auslautverhärtung. Im verlinkten Video wird sie daher als dritter Trick genannt, um einen German accent zu erreichen (ab Minute 1:36):

3. November 2015

(Nichts) Neues vom Deppenleerzeichen

Man erfährt bei der Lektüre Interessantes zum Irakkrieg, zum Umgang der USA und der NATO mit der UNO und zum Jugoslawien Krieg. Vor allem kann man die vielen Militäreinsätze von Libyen bis Afghanistan und die Strategie des Regime Changes etwas besser einordnen. Zum Jugoslawien Krieg wird übrigens die Vermutung bestätigt, dass die Verhandlungen 1998 und 1999 in Rambouillet nicht ernst gemeint waren. (NachDenkSeiten)
"Jugoslawien Krieg" passt zu "Regime Change", allerdings weniger zu "Irakkrieg". Das Deppenleerzeichen bleibt rätselhaft.

2. November 2015

Wirkungslose Kritik

Da kritisiert man jahrelang, aber die Leute ignorieren das und schreiben einfach was sie wollen. Da denkt man: Mittlerweile weiß doch wirklich jeder Eremit, dass "Handy" auf englisch nicht "handy" heißt. Leider stimmt's nicht: Schlagen Sie mal "Handy" bei linguatools.com nach (klicken Sie unter "Computergenerierte Übersetzungsvorschläge" auf "handy", dann sehen Sie unter "Verwendungsbeispiele", wie manche Leute heutzutage "Handy" ins Englische übersetzen).

Oder man erklärt, im Deutschen heiße es nicht "DNA", sondern "DNS". Und was ist das Resultat: "DNA" wird 501 mal mit "DNA" übersetzt, aber nur 146 mal mit "DNS".

Selbst um Mitleid flehen hilft nicht: statt des vom Aussterben bedrohten, stilvollen "Sinn ergeben" (687 Übersetzungen) verwenden alle viel lieber das plumpe "Sinn machen" (1.560 Übersetzungen).

Ach, es ist alles so sinnlos! Steht ja schon in der Bibel:
Ich sah an alles Tun, das unter der Sonne geschieht, und siehe, es war alles eitel und Haschen nach Wind.