22. Mai 2015

Oxymoron

Dunkel war's, der Mond schien helle, als ich heute im Tagesspiegel den Satz las:
Ich bin wie paralysiert aus dieser Wohnung geflüchtet.
Da dachte ich: Wie erstarrt geflüchtet? Halali, ein Oxymoron in freier Wildbahn erspäht! Aber als ich mir die Stelle nochmal genauer anschaute, merkte ich: Er hat diesen Widerspruch gar nicht absichtlich als rhetorisches Stilmittel eingesetzt, sondern er ist ihm im Interview einfach rausgerutscht. Also ist es gar kein Oxymoron, sondern bloß eine contradictio in adiecto. Wie schade.

21. Mai 2015

Berliner Babel

Neuberlinerin in einer Weddinger Bäckerei:
Verkäuferin: Der Nächste bitte!
Neuberlinerin: I hätt gern elf Weckle bittschö!
Verkäuferin: Watt wollen se?
Kunde: Ölf Schrippen will se haam, wa!
Verkäuferin: Warum sagt 'ses 'n dann nich? -- Hier, zwei zwanzig bitte!

Am nächsten Tag in Mitte:
Neuberlinerin: Elf SCHRIPPEN bitte!
Verkäuferin: Sorry?!
Kunde: She'd like to have eleven buns!
Neuberlinerin: Oh Mann!
Verkäuferin: Can't she say it in English? -- Here you go, four forty please!

Brötchen, Schrippen, Wecken, Semmeln oder Rundstücke?

11. Mai 2015

Pro Handschrift

PISA-Streberin Finnland will die Handschrift abschaffen. Bildungsziel soll sein, flüssig auf dem Patschscreen tippen zu können. Dabei lernen das die Jugendlichen von allein, wie man in jedem Bus und jeder S-Bahn beobachten kann. Die meisten können mit zwei Daumen schneller tippen als meine Mutter damals in der Sekretärinnenschule mit zehn Fingern auf der Schreibmaschine.

Dummerweise haben Forscher herausgefunden: wer mitschreibt, behält besser.
Dasselbe erklärt der Neurodidaktiker Manfred Spitzer in seinem Buch Digitale Demenz. Und viele kennen aus eigener Erfahrung folgende hervorragende Lernmethode: einen Spickzettel schreiben. Meistens braucht man den dann gar nicht, weil man sich das mühsam aufgeschriebene sowieso gemerkt hat. Und damit ist auch klar, warum Lehrer so scharf drauf sind, dass die Kinder nur noch auf Smartphones und Tablets tippen können: Keine Spickzettel mehr!

Das absolute Killerargument für die Handschrift ist aber: nur wer weiß, wie ein kleines Schreibschrift-A aussieht, kann sich die Eselsbrücke für abnehmenden (☾) und zunehmenden (☽) Mond merken!


4. Mai 2015

Partnerbörse beleidigt Akademiker!


Mit sprachlicher Logik kann man subtil beleidigen, indem man die Beleidigung nicht direkt ausspricht, sondern so, dass die Leserin sie als Schlußfolgerung selber zieht. Statt plump zu behaupten: "SUVs sind niveaulos" schreibt man: "Beim Autohaus Müller gibt es SUVs und Autos mit Niveau". Oder auch: "In dem Laden gibt es Apple-Rechner und richtige Computer".
Um Akademiker der Niveaulosigkeit zu bezichtigen, kann man sagen: "Die Partnervermittlung für Akademiker und Singles mit Niveau". (Obwohl hier auch die Schlußfolgerung möglich ist, dass die Akademiker, die dort nach Bekanntschaften suchen, keine Singles sind, sondern ihre Partner betrügen wollen.) Der obige Slogan kommt zur Zeit dauernd in der Reklame, ich habe aber noch nicht gehört, dass sich eine Professorin, ein Doktor oder Magister darüber beschwert hätte. Anscheinend gibt es hierzulande Akademiker und Leute mit Logikkenntnissen.